Pausen-Pflege in der Unterwasserwelt

Das Schönste am Unterricht sind die Pausen! So engagiert die Lehrenden an der Maximilian-Kolbe-Schule der Kinderheilstätte Nordkirchen auch den Lernstoff anbieten, den Kindern mit geistiger und körperlicher Behinderung in den Klassen 1 bis 7 verheißen die Zeiten zwischen den Unterrichtsstunden jetzt besonders attraktive Erlebnisse.

 

Nicht länger müssen sie an ihren Schultagen die Pausen in einem tristen Pflegebad verbringen, das mit halbblinden Fliesen, Windel-Stapeln und rostroten Bodenfliesen sterile Krankenhaus-Atmosphäre verbreitet. Allzu lange hieß es dann: Nur schnell wieder raus!

 

Inzwischen lockt in Haus 5 ein Pflegebad die Kinder mit der spannenden Chance, kurzzeitig in eine faszinierende Unterwasserwelt einzutauchen. Denn aus dem kühlen Sanitärraum ist nach durchgreifenden Renovierungen ein einladender Ort für die Pausen-Pflege der Kinder geworden mit einem hochmodernen Deckenlifter für die Rollstuhlfahrer, mit speziellen Sanitäranlagen und praktischen Schränken – und das alles fernab von Klassenlärm und Lernstress.

 

Walhaie und Meereswellen

Für „das Tüpfelchen auf dem i“ sorgten Fördergelder der Damhorst-Stiftung: Sie ermöglichte die ergänzende Ausgestaltung des Raums ganz in Blau als eine Unterwasserwelt mit Meerestieren, die ein Projektor unter die Decke zaubert. Mit auf- und absteigenden bunten Bläschen in gläsernen Wassersäulen, mit einem Schwarm Walhaie an den Wänden, dazu Lichteffekte und Geräusche von Meereswellen und Wasserfällen, während buntschimmernde Seifenblasen aus einer Maschine durch den Raum schweben, zuweilen sogar dem Kind auf der Liege über den Arm streifen und es ablenken von Windelwechseln, Eincremen und anderen notwendigen Nebensächlichkeiten.

 

Das alles ist weit mehr als ein wenig Deko oder ein bunter Tupfer. Denn in einem solchen Pflegeraum der Nordkirchener Schule verbringen manche der Kinder gezwungenermaßen bis zu eineinhalb Stunden pro Tag.

 

Da geht es keineswegs nur einfach darum, möglichst rasch die Windeln zu wechseln. Tanja Praca von der Kinderheilstätte Nordkirchen beschreibt den hohen Anspruch der Lehr- und Pflegekräfte: „Es geht darum, sich Zeit zu nehmen und diesen sehr persönlichen und intimen Vorgang in einer Atmosphäre zu vollziehen, die zum Runterkommen aus dem Gewusel der Klasse einlädt.“ Für Kinder, die in Fähigkeiten wie Wahrnehmung, Kommunikation und Bewegung beeinträchtigt sind, ist das ein besonderes Geschenk.

 

Abenteuer für alle Sinne

Die Zusatz-Ausstattung des Pflegebads hat für Tanja Praca auch deshalb hohen Wert, weil sie verschiedene Sinnesbereiche aktiviert, ob über akustische Wahrnehmungen oder neugierig machende Beobachtungen: „Durch diese Feinheiten wird die nötige Pflege nicht nur zu einem entspannenden Erlebnis in einer Wohlfühl-Atmosphäre, sondern sogar zu einem Abenteuer, zu einer ganzheitlichen Erfahrung.“

 

Seit die „Unterwasserwelt“ in Benutzung sei, spreche niemand an der Schule mehr vom Badezimmer oder Pflegeraum, sondern nur noch vom „Erlebnisbad“. Längst sei die Begeisterung für diese anregende maritime Atmosphäre „von den Kleinen auf die Großen übergeschwappt“.

 

In der Kolbe-Schule lernen fast 300 Kinder mit Behinderung, die während der anstrengenden Unterrichtszeit mehrfach täglich pflegerisch betreut werden müssen. Noch warten weitere angejahrte Pflegeräume in Nordkirchen auf Sanierung. Aber so viel ist jetzt schon allen Verantwortlichen klar: Auch sie sollen sich ebenso in Erlebniswelten verwandeln. Als Nächstes könnte die Kinder ein Dschungel erwarten.